Montag, 4. Oktober 2010

Spießrutenlauf

Solange ich denken kann, war es mir wichtig was andere über mich denken, bloß nicht auffallen, immer die Kontrolle behalten, nie ausgelassen sein, ein unauffälliges Leben führen. Aber macht das glücklich? Warum muss ich mich verbiegen um Anerkennung oder Liebe zu ernten, warum stößt man nur auf Unverständnis, wenn man etwas für sich tut, wenn man sich so kleidet wie man sich wohlfühlt, wenn man Sachen macht, die man sich ein Leben lang verboten hat? Da kommen dann so Kommentare wie: "Hör mal auf Deine Jugend nachzuholen"," in Deinem Alter solltest Du Dich damenhafter kleiden, ich kauf Dir mal einen Hosenanzug" oder schlichtweg "Du spinnst doch".
Was versuche ich für mich zu erreichen, will ich auffallen? Provozieren? Anerkennung bei jungen Leuten? Eigentlich versuche ich nur meinen Weg zu finden, ein Leben zu führen, in dem ich mich wohlfühle, ich suche meinen Weg in meinem ganz persönlichen Leben. Aber ich habe festgestellt, dass ich nicht in der Lage bin, diesen Weg alleine zu gehen, ich brauche Freunde, Liebe und meine Familie und hierbei bin ich schon oft auf die Nase gefallen.
Es scheint, dass ich mir all das verbiete was ich mir am meisten wünsche, ich warte nur darauf, dass etwas zerbricht, schief geht, ich etwas verliere. Dann bin ich wieder ganz unten und kann sagen:" siehst Du, ich hab es doch gewusst, ich darf nicht glücklich sein, ich darf mich nicht freuen, es geht sowieso alles schief". Und dann kommt wieder das Gefühl, dass mein Leben ein einziger Spießrutenlauf ist, ich sehe Blicke und höre Getuschel..."hast Du schon gehört....jetzt ist ihre 3.Ehe kaputt, hat sie noch andere Hobbies als zu heiraten?", "jetzt muss sie schon wieder ihr Haus verkaufen, war doch klar, dass sie das nicht hinbekommt","was will sie mit 5 Katzen, sie soll lieber ihr Leben in den Griff bekommen", "Nasenpiercing und Wacken- die merkt wirklich nichts mehr"," die soll lieber arbeiten gehen, dann kommt sie auf andere Gedanken" all das springt mich an, wenn ich aus der Haustür komme, also gehe ich nicht mehr.
Ich sperre mich ein, halte Termine nicht ein, verkrieche mich in mein Schneckenhaus und spiele Computerspiele solange, bis ich auf dem 1. Platz der Rangliste stehe. Erfolgserlebnis. Endlich einmal. Helfen tut mir dies nicht.
Es wäre so toll, wenn mich jemand an die Hand nehmen würde und mir das Gehen beibringt, einen Schritt nach dem anderen, eine Hürde nach der anderen, ich stehe vor einem riesigen Trümmerhaufen und anstatt ihn anzupacken gebe ich auf, es hat ja doch keinen Zweck, ich habe so viel Energie, Kraft und Geld in mein Haus gesteckt...aber wofür? Ich habe so viel Liebe und Energie und soviel von mir in meine Ehe gesteckt...aber wofür? Auf was warte ich? Auf Dank? Von wem? Weg ist weg.
Ich habe letztens erst gelesen, dass man nichts verliert, man gibt es nur zurück. Und genau dies werde ich jetzt tun, ich werde zurückgeben, danke, dass ich es hatte, die Erinnerung kann mir keiner nehmen! Und vielleicht, wenn ich alles zurückgegeben habe, finde ich mich unter dem ganzen Scherbenhaufen, ich glaube, einen Versuch ist es wert.